Never Stop – A Music That Resists

Jacqueline Caux

Das Wort hat die Regisseurin:
(aus dem Französischen von Stefan Pethke)

„Mit diesem Film wollte ich die wirtschaftlichen, sozialen, politischen und musikalischen Hintergründe dieser verfallen Stadt darstellen, zu der Detroit geworden ist. Hier sind die jungen schwarzen Musiker aufgewachsen, die den Techno schufen. Ich wollte die Haltung dieser Pioniere beleuchten, die die Grundlage war, auf der jeder einzelne von ihnen die Entscheidung traf, ein eigenes Label zu gründen, vor nunmehr über 30 Jahren. Ich wollte auch zeigen, dass diese Labels heute immer noch aktiv sind, trotz der schweren Krise der Plattenindustrie. Wie konnte die Utopie dieser Menschen in einem solchen Kontext wirkmächtige Realität werden? Wie haben diese seit 30 Jahren unabhängigen Labels es geschafft, zahlreiche Künstler zu inspirieren, obwohl auch sie von den großen wirtschaftlichen und technologischen Verwerfungen betroffen sind, wie alle anderen auch?
Auf solche Fragen versucht der Film, eine Antwort zu geben.

Tatsächlich vermochten es die zu Wort kommenden Künstler mit Hilfe ihrer Labels, ihre Produktionsweisen anzupassen – und ihre Stellung in der Gesellschaft ebenso. Dabei behielten sie allerdings ihre ästhetische und ökonomische Unabhängigkeit bei! Mehr noch: Sie statteten sich mit den Mitteln aus, die es braucht, um im Besitz ihrer Rechte und ihres musikalischen Erbes zu bleiben. Ich finde ganz besonders interessant zu zeigen, wie diese Labels sich gegründet haben, wie sie funktionierten, wie die Krise der Tonträgerindustrie sie erreichte, ohne sie zum Verschwinden zu bringen, wie sie sich anpassten und wie sie die Welt mit ihren kreativen Moves bereicherten und dies nach wie vor tun.“

Regie: Jacqueline Caux

Land: FRA
Jahr: 2017
Länge: 80 Minuten

 

 

 

„Dafür habe ich in Detroit vier seit langem auch international anerkannte Techno-Pioniere getroffen: Zunächst Juan Atkins, der erste Schöpfer von Techno-Musik und 1985 Gründer des ersten unabhängigen Techno-Labels Metroplex. Dessen Freund Derrick May, der ein Jahr später Transmat aus der Taufe hob. Darauf Carl Craig, der 1988 mit Planet E an den Start ging. Und schließlich Jeff Mills, der 1989 gemeinsam mit Mike Banks Underground Resistance gründete, um sich ab 1992 seinem eigenen Label Axis zu widmen.

Eine weitere legendäre Figur dieser Szene ist stimmlich präsent (denn er lehnt es immer noch ab, gefilmt zu werden): Electrifying Mojo, der eine entscheidende Rolle gespielt hat beim Aufkommen von Techno und bei dessen Verbreitung. Mit diesem Ansatz schlägt der Film auch eine andere Sichtweise auf die Geschichte der Techno-Musik vor. Tatsächlich stehen diese anziehenden, unternehmungslustigen und arbeitswütigen Persönlichkeiten emblematisch für den Geist, der in der Techno-Community herrscht. Sie werden uns beweisen, dass sie überhaupt nicht diese Ikonen sind, die zahlreiche Festival- und Club-Besucher in ihnen zu sehen glauben, sondern vor allem Musiker, die mit Beharrlichkeit das Schicksal ihrer Musik und ihres Lebens selbst bestimmen.

Und es ist wirklich erfreulich und ermutigend zu sehen, dass diese Musiker, jeder für sich, eine veritable Katharsis durchlebt haben. Nicht nur konnten sie den Maschinen neues Leben einhauchen und sie kontrollieren. Sie konnten und können sogar von ihrer Kunst leben, und das in einer ruinierten, in ewigem Bankrott weiterexistierenden Stadt. So konnten sie verwirklichen, was Electrifying Mojo ihnen auf den Weg gegeben hat: ‚Die Vergangenheit ist der Ort, wo sich die Erinnerung auflöst. Die Zukunft ist dort, wo die Träume stattfinden. Die Gegenwart ist da, wo sich dein Wille ausdrückt. Es ist nicht wichtig, was in der Vergangenheit war, denn die ist vorbei. Wichtig ist, was du hier und heute tust, denn hier und heute drückt sich deine Kraft aus. Wenn du von Problemen umgeben bist, musst du diese Probleme angehen, um ein paar Lösungen beizutragen. Vermutlich trifft dieser Glaubenssatz nicht nur auf die Techno-Musik, sondern auf die ganze Stadt Detroit zu. Denn nach rasantem Aufstieg und schmerzhaftem Fall scheint es Anzeichen eines zaghaften Wiedererstehens zu geben. Auch davon will mein Film berichten.“

Jacqueline Caux, Jahrgang 1950, kommt ursprünglich von der Psychoanalyse. Heute ist sie Filmemacherin und Autorin. Sie führte bei mehreren Dokumentar- und experimentellen Kurzfilmen Regie, die auf zahlreichen Festivals in Frankreich und vielen anderen Ländern gezeigt wurden. Als Autorin hat sie mehrere Interviewbücher veröffentlicht und lange Jahre für das französische Kunstmagazin Art Press publiziert. Außerdem kuratierte und organisierte sie Ausstellungen und Festivals zu Neuer Musik und Tanz und realisierte Hörfunksendungen für den staatlichen Radiosender France Culture.

Weitere Informationen

www.jacquelinecaux.com