Lydia Lunch –
The War Is Never Over

von
Beth B

Porträt einer ästhetischen Widerstandskämpferin
und New-York-Ikone

Beth B | USA | 2020 | 75′ | engl. OF

Dieser Dokumentarfilm ist kein nostalgischer Rückblick auf Lydia Lunchs frühen Ruhm als zentrale Figur des New Yorker Punk/Post-Punk/No Wave-Undergrounds ab Ende der 1970er Jahre – obwohl wesentliche Wegbegleiter zu Wort und jede Menge Archivmaterial vor-kommen.

Dieser Film ist ein Dokument des Respekts vor einer bald 50 Jahre andauernden Energieleistung. Denn Lunch hat einfach immer weitergemacht, bis heute: mit Musik, Spoken Word, Film, mit Feminismus und mit hohem Anspruch an die eigene künstlerische und politische Radikalität. Heutige Auftritte mit ihrer nunmehr auch schon wieder seit 2013 bestehenden Band Retrovirus (sic!) demonstrieren es eindrucksvoll: In Lunchs Bühnenperformance changieren heiße Heftigkeit und kalte Wut. Präzise lotet sie Grenzgebiete menschlicher Erfahrung zwischen Begehren und Gewalt aus, dabei immer in der Lage, gedankenschnell Publikumsreaktionen aufzugreifen, ohne in der Improvisation ihren Kurs aus den Augen zu verlieren. Das hat eine Überzeugungskraft, die über die Jahre vielleicht sogar gewachsen ist. Der Film und seine Protagonistin verhehlen nicht, dass diese Kraft , dieser Widerstandsdrang sich (auch) aus dramatischen Traumatisierungen speisen, die hier ohne Larmoyanz ganz direkt, mit der Klarheit der politischen Kämpferin, die aus selbst erlebtem Missbrauch die Forderung nach gesellschaftlichen Veränderungen ableitet, zur Sprache gebracht werden.

Basis dieses Filmprojekts ist offensichtlich große Vertrautheit, über gemeinsame Anliegen hinaus: Tatsächlich gehört Regisseurin Beth B selbst zur Ursuppe dieser New Yorker Subkultur – die gegenseitige Wertschätzung der zwei Frauen fußt auf jahrzehntelanger Bekanntschaft.

In alten Aufnahmen und in frischen Interviews sind neben Lunch und ihren aktuellen Mitstreiter*innen etliche Szene-Namen zu sehen, z.B. Thurston Moore (Sonic Youth), JG Thirlwell (Foetus), Donita Sparks (L7), Richard Kern uvm.